
Kirschblüte & Erkenntnis
Kirschblüte & Erkenntnis
„Liebling, hier bin ich.“, stieß Tom keuchend hervor. Nahezu reglos stand er da. Den Blick nach oben gerichtet. So als erwarte er etwas. Sein Atem ging flach. Langsam streckte er den Arm empor. Eine blass-lila Blüte schwebte hernieder und landete sanft in seiner Handfläche. „Siehst du? Ich habe mein Versprechen gehalten, Livia.“ Zaghaft umschloss er die Blüte mit seinen Fingern. Vorsichtig. Ganz vorsichtig. Sie durfte keinesfalls kaputtgehen. Er atmete ein. Er atmete aus. Wieso nur waren sie nicht viel früher hierher gekommen? Gemeinsam? Hierher, an genau diesen Ort? Zu diesem prächtigen Kirschbaum? Zu dem ältesten seiner Art? Warum nur hatte er seiner Frau, seiner geliebten Frau, diesen Wunsch nicht erfüllt?
Er neigte den Kopf und sein Blick richtete sich auf die zarte Blüte in seiner Hand. „Es, es tut mir leid. Unendlich leid“, flüsterte er. Eine Träne löste sich aus seinem rechten Auge. Rann unaufhaltsam über seine Wange und tropfte von seinem Kinn. Direkt in seine Hand. Direkt auf die blass-lila Kirschblüte darin. Die Erkenntnis, dass Livia, seine Livia, für immer fort war, traf ihn wie ein eiserner Hammer. Unweigerlich ging er zu Boden.